Hartmut hatte irgendwas über Fort Raleigh gelesen und wollte da unbedingt hin. Also habe ich mich bereit erklärt, mit ihm heute über die Mittagshitze nach Roanoke Island zu fahren, ungefähr 15 Meilen von unserem Campground entfernt.
Ganz am Rande des Parkplatzes beim Visitor Center haben wir unter Bäumen ein schattiges Plätzchen gefunden und sind losgelaufen, nachdem ich mir zuerst noch überlegt hatte, ob ich im Womo bleibe und mir später einfach ein bisschen erzählen lasse ;-)
Und was soll ich sagen: wir waren beide(!) so fasziniert von dem Ort, dass wir die Zeit vergessen und wirklich jede Infotafel eingehend studiert haben.
Der unter der Regierung von Elisabeth I sehr einflussreiche Politiker und Berater der Königin, Sir Walter Raleigh hatte den Traum, englische Überseekolonien in Nordamerika zu gründen. Bisher dominierten die Spanier die "Neue Welt". Mit Unterstützung von vermögenden Investoren finanzierte er mehrere Reisen nach Virgina. Ein Ergebnis der von Raleigh finanzierten Expeditionen war im Jahr 1585 die Gründung von Roanoke in North Carolina.
1587 schickte Raleigh unter der Führung von Kapitän John White, der übrigens auch Maler war und zusammen mit dem Wissenschaftler Thomas Harriot damals bereits unglaublich exakte Landkarten der Küste gezeichnet hatte, erneut eine Delegation mit 117 Siedlern nach Roanoke Island. Unter den Siedlern war auch Whites schwangere Tochter Eleanor, die hier angeblich das erste englische Kind auf amerikanischem Boden gebar und dem Mädchen den Namen Virginia gab.
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von White gezeichnete Karte |
Whites detailgetreue Karten sind unglaublich faszinierend. Von ihm stammen auch naturgetreue Illustrationen der Algoncin Indianer und der Landschaft von Roanoke Island, die sehr informative Aufschlüsse über das frühere Leben der American Natives an der Ostküste geben.
White verließ die Siedlung, um zurück nach England zu fahren - immerhin dauerte die einfache Fahrt über den Atlantik damals 10 Wochen!. Wegen des andauernden Krieges mit Spanien verzögerte sich seine Rückkehr nach Amerika und er landete erst im Jahr 1590 erneut auf Roanoke Island.
Was er antraf, war schockierend: die Kolonie war spurlos verschwunden!
Noch heute ist das Mysterium nicht gelöst, was aus den Menschen geworden ist. So wird auf Tafeln im Visitor Center spekuliert, ob sie von einem Hurrikan getroffen, von Indianern verschleppt oder getötet wurden, ihnen ein Überfall der Spanier zum Verhängnis geworden ist, sie Krankheiten oder Seuchen zum Opfer gefallen oder sie im strengen Winter verhungert sind.
Sehr beeindruckt von den Bildern und Informationen liefen wir zurück zum Parkplatz und entdeckten zufällig, dass es hier ein Freilichttheater gibt und am Abend eine Aufführung "The Lost Colony" stattfinden würde. Spontan haben wir uns Eintrittskarten gekauft und einen wirklich unvergesslichen Abend erlebt!
Das spaktakuläre Theaterstück endete übrigens mit der am angenehmsten vorstellbaren Variante um das spurlose Verschwinden der Kolonie: die Siedler sind weiter in den Westen gezogen....
Danke, Mutti und Papa! Den Eintritt haben wir uns von eurem "Reisegeld" gegönnt :-)
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